„Versicherung mal anders – online, verständlich, für den Kunden.“

01.08.2018

GBA Dialog Corner

Mit schlankem Budget und klarem Fokus starteten 2017 zwei neue Versicherer als Töchter bekannter Marken: Adam Riese und Die Dortmunder. Beide Unternehmen wurden im Juni 2018 mit dem German Brand Award ausgezeichnet.

Beide Versicherer glänzen mit unkompliziertem Auftritt und einer Sprache, die Kunden verstehen. Und mit Produkten, die jeder braucht. Wie funktioniert Versicherungsvertrieb in digitalen Zeiten? Bei der Verleihung des German Brand Award im Juni 2018 sprach AMC-Geschäftsführer Stefan Raake mit Christina Bay und Dr. Christian Wolter.

 

Stefan Raake: Wir sind bekanntermaßen in sehr digitalen und disruptiven Zeiten unterwegs. Allerdings sind Markenneugründungen in der Versicherungsbranche eher selten. Warum habt ihr neu gegründet?

Dr. Christian Wolter: Bei uns war es der Wunsch der Württembergischen weiterzuwachsen - ein hehres Ziel. Das Modell der Ausschließlichkeitsorganisation funktioniert bei der Württembergischen Versicherung sehr gut. Aber es gibt eine Zielgruppe, die wir mit diesem Modell nicht bzw. kaum ansprechen: Das sind die, die online vergleichen oder über Makler vergleichen lassen. Und genau diese Nische wollen wir jetzt zusätzlich noch besetzen.

Christina Bay: Gute Frage, denn es ist schon ein wenig verrückt in der heutigen Zeit einen neuen Lebensversicherer zu gründen. Wir wollten zeigen, dass es auch anders geht, denn Versicherungen werden häufig drei Punkte vorgeworfen: 1. Euch versteht keiner. 2. Ihr wollt nicht zahlen. 3. Ihr seid angestaubt und langweilig. Die Dortmunder Lebensversicherung AG als Neugründung tritt genau diesen Aussagen entgegen. Wir machen Versicherung verständlich. Jeder Kunde, der unsere Bedingungen liest weiß tatsächlich, was er versichert hat und was nicht. Und somit auch, welche Leistung er erhält. Wir möchten, dass Versicherung wieder Spaß macht. Vom Markenauftritt und von den Produkten sind wir da auf dem richtigen Weg.

 

Stefan Raake: Adam Riese ist komplett digital aufgestellt, bedient dazu aber auch den teilweise analogen Makler-Kanal. Wie schafft Ihr es, eine neue Marke in der virtuellen Welt zu etablieren? Dass die Amazons dieser Welt das können, wissen wir. Ihr habt keine großen Risikokapitalgeber im Rücken. Schwimmt ihr eher mit im durchaus tradierten Württembergischen Konzern oder wie kann man sich das vorstellen?

Dr. Christian Wolter: Wir haben die Württembergische als Hauptinvestor der für die nächsten Jahre ein klares Commitment gegeben hat. Wir haben den Vorteil, nicht den nächsten Investor begeistern zu müssen. Das Commitment geht auch dahin, dass wir einen echten Green-Field-Ansatz wählen durften. Das heißt wir haben ein komplett neues Backend- und Frontend-System. Wir haben eigene Produkte, die wir mitentwickeln - das hilft. So können wir an vielen Stellen schneller und einfacher auf die Bedürfnisse der Kunden, das sind bei uns Endkunden und Maklerkunden, reagieren.

 

Stefan Raake: Makler sind die Kunden des Volkswohl Bund. Die Dortmunder als euer Tochterunternehmen ihr zwar auch recht digital aufgestellt, aber auch sehr stark offline getrieben. Ihr wollt die neue Marke auch online für die Vertriebspartner, also sprich die Makler etablieren. Wie funktioniert das?

Christina Bay: Auch die Dortmunder ist ein reiner Maklerversicherer. Dennoch findet auch der Endkunde auf unserer Website alle wesentlichen Informationen. Verständlich und transparent, mit Preisrecherche. Wenn er es kaufen möchte, muss er sich dann aber an einen unserer Vertriebspartner wenden. Diese Entscheidung haben wir sehr bewusst getroffen. Verständlichkeit und Transparenz hilft letzten Endes auch dem Vertriebspartner. Der Makler kann bei uns das Produkt komplett online berechnen, inklusive elektronischer Unterschrift. Diese digitalen Prozesse nutzen aber - ehrlich gesagt – nur eine Minderheit. Deshalb gehen wir immer beide Wege.

 

Stefan Raake: Ob Reisebüro, Buchhandel, Bankgeschäfte, viele Branchen haben sich in den letzten Jahren völlig verändert. Ist die Versicherungsberatung, wie wir es heute kennen, langfristig überlebensfähig? Ihr setzt beide darauf und arbeitet mit Vertriebspartnern zusammen – aber sind nicht digitale Sprachassistenten oder reine Online-Strecken die Zukunft?

Christina Bay: Das sind Themen mit denen wir uns durchaus beschäftigen. Deswegen haben wir auch beim Volkswohl Bund ein Innovationslab gegründet. Ich persönlich glaube, je einfacher die Produkte, desto schneller wird die Entwicklung von digitalen Strecken oder Sprachassistenten in der Praxis umgesetzt sein. Bei komplexeren Versicherungen wollen Menschen auch künftig mit jemandem persönlich sprechen. Wenn uns ein Kunde über viele Jahre jeden Monat einen bestimmten Betrag überweist und zu Recht die Erwartung hat, dafür etwas zurückzubekommen und wir ihm das Versprechen auch geben, dann sind persönliche Ansprechpartner wichtig. Die neuen technischen Möglichkeiten können mit Sicherheit dazu beitragen, dass es für den Vertrieb an der einen oder anderen Stelle wesentlich einfacher wird.

Dr. Christian Wolter: Momentan ist die Technik da noch nicht so weit. Das bekommen wir von unseren Kunden im Live-Chat auf der Webseite als Feedback. „Toll, dass man merkt, dass bei euch ein echter Mensch antwortet.“ Warum sagt der Kunde das? Weil die Chats, die Bots noch nicht gut genug funktionieren. Das wird sich aber sehr schnell wandeln. Es wird schrittweise eine Verschiebung in Richtung künstlicher Intelligenz stattfinden – und zwar ohne, dass wir es merken. Auch wenn wir es nicht wollen, werden und müssen wir es akzeptieren. Andererseits werden einfachere Produkte – also gerade bei uns Komposit-Produkte wie Rechtsschutz, Haftpflicht, Hausrat mehr und mehr online abgeschlossen. Die komplexeren und erklärungsbedürftigeren Produkte werden noch viel länger über den persönlichen Vertrieb abgesetzt werden müssen.

 

Stefan Raake: Es gibt zirka 140 Versicherungsunternehmen in Deutschland, die um die Sichtbarkeit ihrer Marke kämpfen. Der Kunde kennt drei bis fünf. Wie setzt Ihr das um? Wie wollt ihr das schaffen, euer Unternehmen in die Köpfe der potenziellen Kunden zu bekommen?

Dr. Christian Wolter: Zum Glück haben die drei bis fünf Marken, die die Kunden im Kopf haben, nicht letztes Jahr im Oktober oder Juli gelauncht. Diese haben auch ihre Zeit gebraucht. Und ich glaube, das ist auch der Kern der Antwort. Wir werden jetzt schrittweise sehen, wie die passende Maßnahme aussieht in dem Stadium in dem wir uns befinden. Wir haben drei Absatzkanäle: Makler, Aggregatoren und den Direktkanal. Für den Direktkanal brauchen wir eine stark aufgeladene Marke. Auch für die Aggregatoren brauchen wir eine aufgeladene Marke, wenn es im Vergleich „zu eng“ wird. Wir arbeiten jetzt schon intensiv mit unseren Data Scientists, um unseren Marketing Spent möglichst effektiv einzusetzen.

Christina Bay: Wir arbeiten ausschließlich mit freien Vertriebspartnern. Das gilt für den Volkswohl Bund und jetzt auch für die Dortmunder. Mit beiden Marken haben wir nicht den Anspruch beim Endkunden „berühmt“ zu werden. Wir möchten mit guten Produkten und starken Konzepten überzeugen. Und diese Überzeugungsarbeit betrifft in erster Linie den Vertriebspartner. Wenn er von uns überzeugt ist, dann trägt er das automatisch an den Kunden weiter. Und dieser Weg funktioniert. Denn der Volkswohl Bund ist einer der erfolgreichsten deutschen Maklerversicherer. Und die hohe Akzeptanz der Dortmunder zeigt, dass auch im Maklermarkt Platz für neue Angebote ist, wenn der Auftritt und die Produkte stimmen.

 

Christina Bay ist als Innovationsmanagerin beim Volkswohl Bund tätig und dort eingebunden in die Entwicklung der neuen Marke Die Dortmunder. Dr. Christian Wolter ist Leiter Marketing, Kommunikation & Websitemanagement bei Adam Riese, der Digitalmarke der Wüstenrot & Württembergische. Stefan Raake ist Geschäftsführer der AMC Finanzmarkt GmbH und Mitglied der Jury des German Brand Awards.

2018 kürte der German Brand Award nun bereits zum dritten Mal die Besten: innovative Marken, konsequente Markenführung und nachhaltige Markenkommunikation; Persönlichkeiten und Unternehmen, die in der Welt der Marken wegweisend sind. Er entdeckt und präsentiert einzigartige Trends – und bringt nicht nur die Gewinner voran, sondern die gesamte Markenwirtschaft.

Initiator des German Brand Awards ist der Rat für Formgebung. Der Rat für Formgebung zählt zu den weltweit führenden Kompetenzzentren für Kommunikation und Wissenstransfer im Bereich Design. Seinem Stifterkreis gehören aktuell mehr als 300 Unternehmen an.