Versicherer und das Ende der eMail-Kommunikation
02.12.2014
Über 100 Teilnehmer aus der Assekuranz und den AMC-Partnerunternehmen trafen sich am 19. und 20. November zum 41. AMC-Meeting in Köln. Gemäß des AMC-Mottos „Aus der Praxis für die Praxis“ diskutierten Versicherer unter anderem darüber, was das Ende der eMail-Kommunikation für die Branche bedeutet.
"Nur noch kurz die Welt retten… noch 148 Mails checken" - der Hit von Tim Bendzko gehört nach Einschätzung von Ralf Pispers, Geschäftsführer der kölner Agentur .dotkomm, schon fast zum alten Eisen. Denn Ralf Pispers sieht das Ende der eMail-Kommunikation herannahen. Dabei verläuft die Entwicklung im privaten Bereich schneller, als im beruflichen Kontext. Im Schwerpunkt "Kommunikation" am Nachmittag des ersten Meeting-Tages stellte Pispers Szenarien für die Zukunft der Versicherer vor, die von Facebook, Whatsapp und Co. bestimmt sind. Im nachfolgenden Gespräch auf dem AMC-Meeting gab der Experte Antworten für Versicherer, die bereit sind, ihre Kommunikationsstrategien zu transformieren.
Im Bild: Désirée Schubert, AMC und Ralf Pispers,.dotkomm beim 41. AMC-Meeting (Nov. 2014)
Frage: Herr Pispers, warum ist die eMail-Kommunikation am Ende?
Weil der private Konsument die eMail heute nicht mehr benötigt. Seine Freunde, seine Familie, seine Kollegen – alle sind per Messenger für ihn erreichbar. Und die neuen Messaging-Plattformen bringen viele Vorteile mit sich. Die Bedienung ist wesentlich intuitiver und bequemer als bei der eMail. Das Versenden und Ansehen multimedialer Mitteilungen passiert per WhatsApp, Facebook Messenger & Co auf Knopfdruck. Der Gruppendialog integriert die Messenger mitten im Alltag der Menschen – mit Nachrichten im Minutentakt. Im Zeitalter der mobilen Endgeräte hat die eMail gegen diese Vorteile keine Chance. Sie spielt zukünftig nur noch in der geschäftlichen Kommunikation eine Rolle.
Frage: Welche Rolle spielt das Thema Neuromarketing bei Ihrer Einschätzung?
Aus Neuromarketing-Sicht ist der Erfolg der Messenger sehr gut zu erklären. Die Basis bilden die mobilen Endgeräte. Sie ermöglichen es dem Kunden, jede Art von Emotion, jede Art von Handlungsimpuls oder auch Informationsbedarf sofort in eine Interaktion zu überführen. Handy raus, Foto gemacht, Text dazu und per WhatsApp in die Freundesgruppe – das ist in vielen Fällen ein vom menschlichen Autopiloten initiiertes Vorgehen. Und jede Antwort aus der Gruppe auf den Witz, das Foto, das Video etc. bedient auf der Absenderseite das Belohnungssystem im Kopf. Insofern basieren Social Networks und Messenger auf unbewussten Prozessen im menschlichen Gehirn.
Frage: Was bedeutet das Ende der eMail-Kommunikation für Versicherer? Wie sehen Szenarien für eine moderne Kommunikation mit Versicherungskunden aus?
Innerhalb des Unternehmens hat der Versicherer die Kontrolle über die Kommunikationsmittel und kann weiter mit der eMail arbeiten. Aber zum Kunden hin fehlt den Versicherungsunternehmen diese Kontrolle. Hier entscheidet der Kunde über das Kommunikationswerkzeug. Und während viele Versicherer noch überlegen, wie sie den Anteil der eMail-Adressen im Kundenbestand steigern, sind die Kunden schon weitergezogen zu den Messengern. Insofern laufen die Versicherer Gefahr, den Kommunikationszugang zum Kunden zu verlieren oder neuen Marktspielern zu überlassen. Darüber hinaus führen die mobilen Endgeräte, moderne Web-Services und Messenger dazu, dass der Kunde einem Versicherer immer weniger Zeit für seine Reaktion einräumt. Antwortzeiten von ein oder mehr Tagen sind für moderne Kunden nicht mehr zeitgemäß.
Frage: Welches Vorgehen empfehlen Sie Versicherern, die bereit sind sich von der eMail-Kommunikation zu verabschieden?
Erst einmal geht es darum, ein Kommunikations-Szenario für den Versicherer zu erstellen. Denn die neuen Kommunikationswege müssen ja an unterschiedlichen Touchpoints adaptiert werden. Im Ausschließlichkeitsvertrieb, in der Online- und Service-Center Kommunikation, als Bestandteil von Apps und Kundenportalen sowie Eingebunden in das Prozess-Tracking. Da geht es um die technische Anbindung, aber auch um die dahinterliegenden Prozesse sowie die Dokumentation. Und dann geht es um die inhaltliche Ausgestaltung. Was geht als Content direkt in die Message? Was wird über Links verschickt und führt von da aus in die sicheren, sprich SSL-verschlüsselten Kanäle? Und der dritte Baustein ist natürlich die Vernetzung mit dem Kunden. Wie kommt diese über den Vermittler, das Serviceportal oder die App zustande? Dies ist keine Frage von Wochen, sondern ein strategischer Prozesse, den wir mit unseren Kunden heute schon beschreiten, um langfristige Wettbewerbsvorteile zu erschließen.